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75 Jahre nach Flucht und Vertreibung – Wie aus Vertreibung Versöhnung wurde

„Wie aus Vertreibung Versöhnung wurde“ – so lautete die Maxime und gleichzeitig Leitfrage der Veranstaltung. Um diese auch ein dreiviertel Jahrhundert später weiterzutragen und die nachfolgenden Generationen zu beantworten, „brauchen wir die Erfahrung derer, die Vertreibung noch am eigenen Leib erfahren haben“, begann die Vizepräsidentin des Landtags, Sabine Kurtz (CDU) ihr Grußwort. „Heute wird ja oft davon gesprochen, dass Deutschland bunt sein soll, dass Baden-Württemberg vielfältig ist,“ so Kurtz. „Ihren Beitrag zu dieser Vielfalt wollen wir dabei nicht unter den Tisch fallen lassen, sondern wir wollen ihn uns allen zu Nutze machen!“
Raimund Haser, Mitglied der CDU-Fraktion und Sprecher für die Angelegenheiten der Vertriebenen, der ehrenamtlich Präsidiumsmitglied des Bundes der Vertriebenen in Berlin, Vorsitzender des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen und stellvertretender Landesvorsitzender des BDV ist, zeigt sich überwältigt von der großen Resonanz der Veranstaltung. In seiner Rede betonte er, wie wichtig es sei, Lehren aus dem Schicksal der Heimatvertriebenen für unsere heutige Gesellschaft zu ziehen: „All dieses Leid hat nicht, wie es vielleicht zu erwarten gewesen wäre, zu Rache und Vergeltung, zu Zorn und ewiger Feindschaft geführt. Sondern – zu einer beinahe wundersamen Versöhnung“, so Haser. Die Botschaften und Anliegen der Vertriebenen seien zeitlos und lehrreich.
Dies kam auch ganz deutlich im anschließenden Vortrag „Flucht und Vertreibung – ein zentrales Kapitel deutscher und europäischer Geschichte“ von Herrn Prof. Dr. Mathias Beer, dem Geschäftsführer des Instituts der donauschwäbischen Geschichte in Tübingen, zum Ausdruck. Mit Karten und Bildern sowie anschaulichen Zahlen und Beispielen gab er einen Überblick über den historischen Kontext. Vertreibung sei bereits in den 1920er-Jahren ein Thema in Europa gewesen. Der Versuch, „volksreine“ Staaten zu schaffen, habe immer wieder zu Migrationswellen geführt. Zweifelsohne sei die Vertreibung der deutschen Heimatvertriebenen aber die zahlenmäßig größte und angesichts der vielen Entrechteten und Getöteten auch die zurecht meist beachtete ihrer Art gewesen.
Abgerundet wurde der Abend mit einer Gesprächsrunde, in der Ines Wenzel für die Siebenbürger Sachsen, Sigrid Schuster-Schmah als gebürtige Breslauerin, Günther Vossler stellvertretend für die Bessarabien Deutschen, Adolf Klohs für die Kuhländler und Helena Goldt, die in Kasachstan geboren wurde, und die den Abend mit eigenen Stücken und Klassikern wie „Es führt über den Main“ musikalisch vergoldete.
Für Sigrid Schuster-Schmah ist Oberschlesien trotz nur weniger, erster Lebensjahre, die Sie dort verbrachte, das ganze Leben hindurch Heimat geblieben. Heute ist sie Schriftstellerin. Auf dem Podium reflektierte sie die Geschichte auf ihre ganz persönliche Weise. „Man kann zwar überall auf der Welt Wurzeln schlagen, aber Heimat kann es nur einmal geben,“ sagte sie.
Der Bundesgeschäftsführer der Bessarabiendeutschen, Günther Vossler, begann mit einer kurzen Beschreibung der zwischen den Flüssen Pruth und Dnjestr gelegenen Region, die südlich an das Donaudelta und das Schwarze Meer grenzt. Auf die Frage Raimund Hasers, wie er seinen Verein zukunftsfest machen möchte, antwortet er mit der Gegenfrage: „Ich habe unserem Vorstand vor ungefähr sechs Jahren die Frage gestellt: Wozu braucht die Welt den Verein der Bessarabiendeutschen? Nur wenn wir darauf eine Antwort haben, haben wir auch eine Zukunft. Da haben wir wirklich gerungen!“
„Wir haben Beide etwas gemeinsam,“ wendet sich Raimund Haser schließlich an Adolf Klohs. „Wir kommen beide aus einem Kuhländchen,“ scherzte der gebürtige Allgäuer über seine Heimat. Tatsächlich hat das Kühlandl wie das Allgäu mit seinem klassischen Braunvieh, mit der Rasse des Kuhländler Rindes, eine ureigene Rinderrasse. Letztere wurde sogar auf der Weltausstellung 1873 in Wien für seine hervorragende Milchleistung prämiert. Darüber hinaus wies Klohs auf die über Jahre hinweg gewachsenen Beziehungen zwischen Ludwigsburg und der alten Heimat hin.
Die aus Kasachstan stammende Helena Goldt hat ihre frühe Kindheit in Russland verbracht, mit sechs Jahren ist sie dann nach Deutschland gekommen, „weil die Vorfahren meiner Familie zum Teil aus Sinsheim stammen. Obwohl ich es natürlich nicht immer leicht gehabt hatte, hab ich immer gern von meiner Herkunft erzählt. Mein Vater war zum Beispiel plötzlich kein Ingenieur mehr, sondern ein Lagerarbeiter. Ich war deshalb umso dankbarer dafür, dass ich aufs Gymnasium gehen konnte,“ so Goldt.
Die Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Iris Ripsam, erzählte in Ihrem Schlusswort von den Erinnerungen Arno Surminiskis, dessen Familie sich als Teil eines Flüchtlingstrecks am 13. Januar 1945 bei eisigen Temperaturen über das 70 Kilometer breite Haff auf den Weg nach Danzig machte. „Für uns steht der Gedanke von Versöhnung und Verständigung im Mittelpunkt,“ so schloss Ripsam schließlich die Veranstaltung.
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